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Brennnessel, Tagpfauenauge und Sommerflieder

Schuld an diesem Artikel über die Brennnesseln sind eigentlich die Tagpfauenaugen - diese Schmetterlinge sollten sich derzeit ein Stelldichein auf den Blüten des Sommerflieders geben und ihre Raupen sich genüsslich an den Blättern der Brennnesseln laben.

Dem ist heuer nicht so: Weit und breit kein Tagpfauenauge (selbst das einkopierte Bild stammt aus dem Archiv), seine Raupen sind nicht auf den extra in Reichweite des Sommerflieders stehen gelassenen Brennnesseln zu sehen - dafür gedeihen letztere bestens und haben auch so ihre Besonderheiten.

 

Die Brennnesseln - man schreibt sie wirklich mit drei "n" hintereinander (Brenn-Nessel) - gehören zur Ordnung der Rosenartigen Gewächse (Rosales) und zur Familie der Brennnesselgewächse (Urticaceae). 

Auf diesem Bild sieht man schön die kreuzgegenständigen Blätter, der vierkantige Stängel ist ebenso ein Merkmal wie der gezähnte Blattrand der "Großen Brennnessel" (Urtica dioica). Die oft weit verzweigten Wurzeln, die oft ordentliche Dimensionen annehmen können, dienen der weiteren Ausbreitung und dem Überleben der Pflanze in trockenen und kalten Zeiten. 

 

Die "Große Brennnessel" ist eine zweihäusige Pflanze, das heißt, dass die Pflanzen nur männliche oder nur weibliche Blüten tragen.

 

Die weiblichen Blüten sind meist hängend (rechts im Bild).

 

Die männlichen Blüten stehen meist seitlich gerade weg, schauen aus wie "Kügelchen" und sind grünlich (links im Bild).

 

Die "Kleine Brennnessel ist dagegen einhäusig, das heißt, männliche und weibliche Blüten befinden sich auf einer Pflanze.


In den Blütenständen bilden sich nicht gerade wenige Samen, die durch den Wind und auch durch Tiere verbreitet werden.

In der Naturheilkunde wird den Produkten, die aus den Brennnesselsamen gewonnen werden, eine schier unüberschaubare Anzahl an Wirkungen zugeschrieben. Hier ein kleiner Auszug: Harnwegsreinigung mit Verhinderung von Blasen- und Nierensteinen, Hilfe bei stressbedingter Müdigkeit oder Leistungsschwäche, bei Frauen: Steigerung des Östrogenspiegels, bei Männern: Potenzmittel und Hilfe bei Prostatabeschwerden, Hilfe bei Kinderlosigkeit usw.

 

Jeder, der schon einmal mit Brennnesseln in unangenehmer Weise in Berührung gekommen ist, kennt die Wirkung der Ameisensäure, die in den Brennhaaren eingelagert ist. Diese Brennhaare sind im oberen Teil spröde wie Glas, die kugelförmige Spitze bildet eine scharfkantige Sollbruchstelle. Die Ameisensäure, die im unteren Teil der Haare gespeichert ist, gelangt über die scharfe Bruchstelle wie bei einer Injektionsnadel in die Haut und verursacht dort das wohlbekannte Brennen. Es reicht aber auch schon, wenn die Flüssigkeit über die Haut eindringt.

Übrigens: Die "Kleine Brennnessel" ist in diesem Zusammenhang wesentlich wirksamer als ihre große Schwester.

 

Da die Brennhaare nur auf der Oberseite der Blätter und an den Stängeln sitzen, kann man die Unterseite der Blätter ruhig "streicheln", was vor allem zu Mutproben von Kindern gehört. Ohne richtige Anweisung kann das aber natürlich ordentlich schiefgehen ...

 

Die jungen Brennnesseln werden nach der entsprechenden Zubereitung sehr gerne als Brennnesselspinat, Brennnesselsuppe und mittlerweile auch als Smoothies - auch in der gehobenen Küche - angeboten.

 

Verspeist werden die Blätter allerdings auch gerne von Schmetterlingsraupen - und das nicht von wenigen: Etwa 50 Arten, unter diesen der Admiral, der Kleine Fuchs und das Tagpfauenauge, stört die Ameisensäure nicht. Die Brennnesselblätter sind meist ihre einzige Nahrung, die sie zu sich nehmen.

 

Text und © Bilder: Josef Pfleger