Das Thema „Corona“ wurde spontan ein Teil der Unterhaltung mit meinen Freund Josef, seines Zeichens Oberlehrer von Beruf, als wir beim Heurigen saßen. Auslöser war ein „Aha, so also schaut des aus!“ der Heurigenwirtin, als wir nach dem zweiten Achterl ohne Aufforderung unsere Handis mit der Corona-App mit dem Geimpft-Status auf den Tisch legten.
Mit einem „Mich wundert es nicht, wenn wir demnächst in den nächsten Lockdown rasseln würden“, polterte Freund Josef spontan drauflos.
„Stell dir vor, ich war kürzlich in zwei verschiedenen Cafés und in keinem fragte man mich nach meinem GGG-Status. Dann war ich noch in einem gutbürgerlichen Gasthaus in der Steiermark mit sieben weiteren Leuten essen. Auch dort keine Frage nach dem GGG-Status – obwohl eine 75-jährige Dame nach dem Essen gestand: ‚Da hab ich aber Glück gehabt. Ich hab nämlich einen Schnelltest für Zuhause gemacht – versprochen, er war negativ – aber ich hab das Ergebnis nicht auf das Handy gebracht. Sozusagen war ich heute schwarz essen‘.
Kein Wunder, dass bei so wenig Moral in der Gastronomie die Zahlen wieder steigen“, so Freund Josef nach seinem langen Sermon.
„Lieber Freund Josef, du kannst nicht alle Gastronomen pauschal verteufeln“, warf ich ein, weil ich auch ganz andere Erfahrungen gemacht hatte. „Ich wurde zum Beispiel im Horner Öhlknechthof sehrwohl nach einem Nachweis gefragt, ebenso im Fliegerbräu in St. Pölten, wo ich noch vor dem Niedersetzten meine App vorzeigen musste. Es gibt also durchaus auch vorbildliche Gaststätten“, fügte ich hinzu, „und diese sind sicher in der Überzahl.“
„Da hast du mich falsch verstanden“, konterte Freund Josef. „Ich ärgere mich einfach über die, die durch das Ignorieren der Vorschriften – bewusst oder auch unbewusst, weil sie nicht gescheiter sind – zur möglicherweise Verbreitung des Virus‘ beitragen. Noch unmoralischer sind aber die Gäste, die ohne Nachweis überhaupt in eine Gaststätte gehen und dann noch – wie selbst gehört – argumentieren: ,Getestet oder geimpft sein zu müssen, ist Einschränkung der persönlichen Freiheit‘. Solche Leute haben aber ganz sicher nicht kapiert, dass ihre persönliche Freiheit genau dort aufhört, wo die ihrer Mitmenschen beginnt. Es kann nicht zur persönlichen Freiheit gehören, andere mit einem tödlichen Virus anzustecken“, redete sich Freund Josef plötzlich in Rage.
Da hatte ich das Gefühl, ihn unterbrechen und beruhigen zu müssen. Mit einem „Schluss mit dem Thema, wir sind ja nicht zum Streiten und Ärgern da – trinken wir auf die braven Wirtinnen und Wirte“, beendete ich die Debatte.
Bis sich Freund Josef aber endgültig beruhigt hatte, brauchte es zwei weitere Achterl vom ausgezeichneten Grünen Veltliner.