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Theodor Storm: Weihnachtslied

Weihnachtslied

Vom Himmel bis in die tiefsten Klüfte
Ein milder Stern herniederlacht;
Vom Tannenwalde steigen Düfte
Und hauchen durch die Winterlüfte,
Und kerzenhelle wird die Nacht.

Mir ist das Herz so froh erschrocken,
Das ist die liebe Weihnachtszeit!
Ich höre fernher Kirchenglocken,
Mich lieblich heimatlich verlocken
In märchenstiller Herrlichkeit.

Ein frommer Zauber hält mich nieder,
Anbetend, staunend muss ich steh'n,
Es sinkt auf meine Augenlider,
Ein gold'ner Kindertraum hernieder,
Ich fühl’s, ein Wunder ist geschehn.

(Theodor Storm)

 

 


Das Gedicht stammt von Theodor Storm (* 14. September 1817 in Husum, † 4. Juli 1888 in Hanerau-Hademarschen)

Theodor Storm gehört mit seiner Lyrik und Prosa zu den bedeutendsten Vertretern des bürgerlichen Realismus. Storm ist vor allem für seine Novellen bekannt, empfand sich allerdings selbst in erster Linie als Lyriker und sah die Gedichte als Ursprung seiner Erzählungen.