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Schmankerl aus dem Museum Horn (9): Höbarths Todesangst in der Teufelslucke

Das Horner Museum birgt viele ganz besondere Exponate, hinter denen sich einzigartige Geschichten verbergen, die sie interessant machen. Wir haben daher den ehemaligen Kustos Wolfgang Andraschek gebeten, uns einige dieser "Geheimnisse" zu verraten - was er gerne machte. 

 

Teil 9 (letzter Teil dieser Serie): Höbarths Todesangst in der Teufelslucke

Bilder: © Josef Pfleger
Bilder: © Josef Pfleger

Das ist die Teufelslucke - auch Fuchsenlucke genannt - bei Roggendorf. Derzeit ist der Weg dorthin ziemlich verwachsen, kaum begangen und eigentlich nur mit Google Maps auffindbar. Selbst der einzige Wegweiser steht - wenn man mit Maps sucht - auf der falschen Seite des Weges. Dank Wolfgang Andraschek haben wir sie aber für die Fotoaufnahmen gefunden.

 

Die jungpleistozäne Fundstelle ist die zweitgrößte Hyänenhöhle der Welt. Johann Krahuletz entdeckte sie 1874. Skelettreste von 30 bis 40 eiszeitlichen Höhlenhyänen wurden dort genauso gefunden wie Knochen von Höhlenlöwen, Pferden, Bisons und Wollnashörnern sowie  von klassischen Eiszeittieren wie Mammuts, Rentieren oder Lemmingen. Die meisten davon wurden von Johann Krahuletz und Josef Höbarth geborgen. 

 

Was Josef Höbarth in dieser Lucke gefunden und ausgegraben hat, zeigt die Vitrine im Horner Museum.

 

Darunter sind auch Steinwerkzeuge. Daher erscheint es möglich, dass auch der Homo sapiens,  der bereits vor 48.000 Jahren in Europa heimisch war, die Teufelslucke als Unterschlupf verwendet hat - das ist wissenschaftlich aber schwer umstritten, wäre das doch das erste belegte Auftreten des Homo sapiens in Niederösterreich. 

 

Die Umstände, unter denen die Funde von Josef Höbarth geborgen wurden,
machen sie erst so richtig interessant.

 

 Anton Distelberger zitiert Höbarth, der seine Erinnerungen aufgeschrieben hat,  in seinem Buch "Josef Höbarth (1891–1952). Fährtenleser im Waldviertel" folgendermaßen:

„So arbeitete ich einmal in der Teufelslucke mutterseelenallein in einer Winternacht. Obwohl es einige Grade unter Null hatte, war das Arbeiten in der Höhle ganz angenehm, da die Temperatur durch die Erdwärme erträglich war. Ich arbeitete unter einer Steinplatte, die so an die fünfzig Tonnen Gewicht haben mochte. Sie war unterhöhlt und lag auf so niedrigen Pfeilern, dass diese nur eine ausgestreckt liegende Haltung erlaubten. Es ergaben sich reichliche Knochenreste an Nashorn, Urpferd, Höhlenlöwen, Urrind und besonders zahlreich von der Höhlenhyäne. Ich hatte mit Eifer die ganze Nacht hindurch gearbeitet und die Ausbeute war reichlich. Aber im Obereifer hatte ich mir mit dem Sandmaterial den Ausgang verlegt und auch unter dem Körper reicherte sich der Sand an, so dass ich mit dem Kopfe nicht mehr in die Höhe konnte. Dabei überkam mich plötzlich das beängstigende Gefühl, die Platte senke sich und würde mich in wenigen Minuten zerquetschen. Im Moment ergriff mich fürchterliche Angst und die Schweissperlen rannen mir vom Körper. Wie jetzt dieser Todesgefahr entrinnen? Ich zwang mich, klar und nüchtern zu überlegen. In erster Linie musste ich mich der Überkleider entledigen und nachdem ich nicht rücklings auskriechen konnte, versuchte ich es, mich zu drehen, um mit dem Kopfe zum Ausgang zu gelangen. Es war eine sehr schwierige Sache. Obendrein erwartete ich jeden Augenblick das Niedergehen der Platte. Da der Einschlupf einige Meter lang war, konnte ich mir nicht anders helfen als mit den Händen das Sandmaterial auszubaggern, um vorne etwas Luft zu bekommen. Nach mühevoller, schwerster Arbeit, von Angst gepeinigt, gelang es mir endlich, mich durchzuzwängen. Nun fühlte ich mich gerettet. Meine Kleider aber lagen drinnen; keine Macht der Welt hätte mich nochmals hineingebracht. Es blieb mir darum nichts anderes übrig, als mir von der angrenzenden Au eine Stange zu holen und so die Kleider herauszuziehen; ebenso die Funde, die glücklicher Weise auf einer kleinen Plache lagen. Für heute hatte ich genug. Da es schon Tag zu werden begann, entschloss ich mich zur Heimkehr."

 

Wolfgang Andraschek zeigt die Platte, die Höbarth in Todesangst versetzt hatte.

 

Wenn Sie Höbarths Gegenstände, die er in Todesangst in der Teufelslucke geborgen hat, persönlich betrachten wollen, hat das Horner Museum für Sie noch bis 15. November 2025 von Dienstag bis Sonntag von 10:00 bis 16:00 Uhr geöffnet. 

 Montag ist Ruhetag. 

Wenn Sie die Teufelslucke/Fuchsenlucke besuchen wollen, sind Google Maps und gutes Schuhwerk angesagt.

JKP

Bild: Eduard Reininger
Bild: Eduard Reininger

Mit diesem Artikel endet die Serie "Schmankerl aus dem Horner Museum", die nur durch das enorme Wissen des ehemaligen Kustos' Wolfgang Andraschek (li.) möglich war. Autor Josef Pfleger (re.) bedankte sich bei den Fotoaufnahmen zu diesem Artikel noch einmal ganz herzlich für die ausgezeichnete Zusammenarbeit.