Das Horner Museum birgt viele ganz besondere Exponate, hinter denen sich einzigartige Geschichten verbergen, die sie interessant machen. Wir haben daher den ehemaligen Kustos Wolfgang Andraschek gebeten, uns einige dieser "Geheimnisse" zu verraten - was er gerne machte. Wöchentlich werden wir nun eines dieser Ausstellungsstücke vor den Vorhang holen.
Teil 2, der "Das Schädelnest von Poigen" zum Inhalt hat, birgt ein spezielles Schmankerl im Hintergrund: Museumsleiter Friedrich Berg, der die Knochen fachgerecht barg, wurde von der Bevölkerung taxfrei zum Mörder erklärt ... aber lesen sie selbst.
"Das Schädelnest von Poigen" ist in der Urgeschichteabteilung des Museums zu sehen.

Die Schädel von drei Frauen, einem Mann - alle zwischen 30 und 40 Jahre alt - und einem Kind wurden beim Feldwegebau in Poigen im Jahr 1955 an das Tageslicht befördert. Diese Menschen lebten vor rund 6.500 Jahren in unserer Gegend und stammen somit aus der Lengyelkultur.

Das Makabre daran: Alle fünf Personen waren ermordet worden, was die schweren Hiebverletzungen, die am Bild an den Schädeln klar erkennbar sind, beweisen. Zudem wurden den Toten die Köpfe abgetrennt und diese lieblos in einer Grube verscharrt. Von den Körpern fehlt jede Spur, obwohl man den Acker rundherum penibel umgegraben hat.
Was dahintersteckt werden wir wohl nie erfahren - Stammesfehde und Kannibalismus stehen aber ganz oben auf der Liste der Vermutungen.

Die ansonsten in dieser Zeit oft großzügigen Grabbeigaben sind in diesem Fall bescheiden: Ein Becher und ein Geweih.
Sie haben ihn schon - den Mörder!
Was dem damaligen Horner Museumsleiter Dr. Friedrich Berg dabei widerfahren ist, erfuhren die Horner im Jahr 2006, als ihm der Kulturpreis der Stadtgemeinde Horn verliehen wurde: Bei der Entdeckung des Schädelnests glaubte die Bevölkerung, es sei ein Mord geschehen. Als Dr. Berg mit zerzaustem Haar und schmutzig von der Grabungsarbeit in Begleitung von zwei Gendarmeriebeamten gesehen wurde, ging eine Raunen durch die Menge, der in der Aussage: "Sie haben ihn schon - den Mörder!" gipfelte.
Die Relikte dieses makabren Stücks Geschichte aus dem Großraum Horn sollten Sie gesehen haben.
Das Museum hat für Sie vom 1. April bis 15. November 2025 von Dienstag bis Sonntag von 10:00 bis 16:00 Uhr geöffnet.
Montag ist Ruhetag.
Josef Pfleger